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Überflüssiges ist überflüssig: Pleonasmen und Adjektive (Beitrag 12, Dezember 2020)
Dass Überflüssiges überflüssig sei, klingt selbst überflüssig, wie Tonio Walter in seiner Kleinen Stilkunde für Juristen, 3. Aufl. 2017, S. 61, festhielt. Die Stilregel soll uns sagen: Wenn ein Text Worte oder gar Sätze enthält, die gestrichen werden können, ohne dass die Botschaft leidet, dann sollen diese Worte auch gestrichen werden. Bei wissenschaftlichen Texten geht es darum, auf möglichst wenig Raum viele Informationen zu liefern. Daher ist die Knappheit neben der Verständlichkeit ein wichtiges Gebot wissenschaftlichen Schreibens. Überflüssiges lässt sich ausfindig machen, indem man die Hauptaussage eines Satzes ins Auge fasst und dem Rest mit Misstrauen begegnet (hierzu ausführlich Walter, Kleine Stilkunde für Juristen, 3. Aufl. 2017, S. 61 ff.).
Ein Beispiel für Kürzungskandidaten sind Adjektive, vor allem in ihrer Form als Attribut (z.B. blauer Himmel). Ludwig Reiners beschreibt in seiner Stillehre den französischen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau (1906–1909), der in seiner Zeit als Schriftleiter einer Zeitung zu einem Journalisten gesagt habe: „Bevor Sie ein Adjektiv schreiben, kommen Sie zu mir […] und fragen, ob es nötig ist!“ (nach Reiners, Stilkunst, 2. Aufl. 2004, S. 119).
Entbehrlich sind regelmäßig auch Pleonasmen. Ein Pleonasmus ist eine rhetorische Figur, die mit einer inhaltlichen Wiederholung, also einer semantischen Redundanz, arbeitet. Ein Pleonasmus liegt beispielsweise vor, wenn einem Substantiv ein Adjektiv beigefügt wird, dessen Bedeutung schon im Substantiv enthalten ist.
„Zuallererst mag man an Fälle denken, in denen eine Mutter ihr Kind aus den brennenden Flammen zu retten versucht.“ (Aus einer Seminararbeit).
Die „brennende Flamme“ ist ein Pleonasmus. Weil „Flamme“ den „(in bläulich oder gelbrot leuchtenden Zungen) hochschlagende[n] Teil des Feuers“ (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/Flamme_Feuer_Gas_brennen) beschreibt, ist es nicht die Flamme, die brennt, sondern das Haus. Vor „Flammen“ muss „brennend“ also gestrichen werden.
Ihren Anwendungsbereich haben Pleonasmen in der Belletristik, in Lyrik oder Prosa. Sie können verstärken, verdeutlichen, hervorheben. In wissenschaftlichen Texten dagegen ist eine sachlichere Sprache vorzugswürdig.
Einen kurzen Überblick zu dem Thema „Lob der Knappheit“ finden Sie bei Hartmann/Welzel, Sprache und Stil (Leseprobe), in: Hartmann (Hrsg.), Hausarbeit im Staatsrecht. Musterlösungen und Gestaltungsrichtlinien für das Grundstudium, 4. Aufl. 2020, S. 20 (28 f.). Ausführlich beschäftigt sich Walter, Kleine Stilkunde für Juristen, 3. Aufl. 2017, S. 61 ff., mit diesen Fragen.
Bernd J. Hartmann/Tobias Welzel